Emmi Pikler Wege der Entfaltung e.V.

Internationales Symposium in Budapest
20. – 22. März 2003

Die Entstehung eines angemessenen Arbeits- und Entwicklungsfeldes für Jungen im Kindergarten

Karsten Czimmek

Ich möchte mich zu Beginn kurz vorstellen. Mein Name ist Karsten Czimmek. Neben der Ausübung von unterschiedlichsten Aufgaben in verschiedenen Berufen habe ich nach einem Schlüsselerlebnis mit Kindern, ich war etwa Mitte 20, in unterschiedlichen Bereichen Erfahrungen mit Kindern gesammelt, u.a. im Sportverein, als Skilehrer und in diversen Nachhilfesituationen. Vor ziemlich genau 10 Jahren habe ich dann meine Arbeit in einem Kindergarten begonnen. Es handelte sich um eine Elterninitiative mit alternativem pädagogischen Anspruch. Im Umfeld dieser Szene kursierten auch die Bücher von Emmi Pikler, auf die ich bald aufmerksam wurde. Viele Jahre besuchte ich die Seminare Piklerarbeit und Sensory Awareness von Anna Tardos und Peggy Zeitler in München, deren Inhalte für die konkrete Ausgestaltung der Arbeit im Kindergarten maßgeblich wurden. Zu erwähnen ist noch, dass ich Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Vereins Wege der Entfaltung bin.

Zum Thema: War ich in meinen frühen Kindergartenjahren hauptsächlich damit beschäftigt überhaupt eine positive Beziehung zu den Kindern herzustellen und nicht lediglich als Aufpasser und Regelwächter zu fungieren, wurde ich zunehmend aufmerksam für die Bedürfnisse der einzelnen Kinder. Die Wahrnehmung der einzelnen Kinder schärfte den Blick dafür, dass die Jungen zum Teil deutlich anderes brauchen, als die Mädchen.

So entstand im Dialog mit und unter der Führung durch die Kinder nach und nach ein Arbeitsfeld, das für den Bereich Kindergarten vielleicht ungewöhnlich zu nennen ist. Insbesondere die Jungen waren mit dem obligatorischen Handarbeits- und Bastelangebot, die als praktische Tätigkeiten nach wie vor die Kindergartenlandschaft beherrschen, kaum zu erreichen. Aus der resultierenden Stimmung von Langeweile und/oder Unzufriedenheit ist ihr lethargisches oder aggressiv-störendes Verhalten kaum verwunderlich. (Außerdem wurde mir bewusst, dass gerade ich als Mann ihnen in den Rücken falle, wenn ich von ihnen erwarte, dass sie angepasst und unauffällig sein sollen.)

In der konkreten Arbeit bildete sich eine Erweiterung der Aktivitätsfelder heraus. Ob es sich um realitätsnahe, handwerkliche Dinge dreht – in der Ausstattung ersetzte ich Spielzeug durch Werkzeug - oder die Abenteuer der motorischen Herausforderungen oder das Einbeziehen des Außenraums als selbstverständlichem Bestandteil des Raumangebots, der zu jeder Zeit in Anspruch genommen werden kann und mit einem natürlichen Wachsen von Verantwortung einher geht, all das sprengt die Grenzen des herkömmlich Zulässigen. Mit der Möglichkeit ihr Interesse zu leben, werden sie zu Forschern. In der ständigen Interaktion entstehen immer wieder überraschende und unvorhergesehene Begebenheiten, die das Zusammensein sehr lebendig sein lassen. Das wiederum gilt ebenso für Mädchen.

Pikler Pädagogik

"Die wahre Genialität ist die existenzielle Genialität. Ich wage zu behaupten: Nahezu alles Wissen, das nicht unmittelbares Wissen über uns selbst ist, ist umsonst"
(Imre Kertész)


Audio: Charlotte Selver liest
"Der Anfang vom Anfang"
(MP3 Dowload, ca 32 MB) ...


Emmi Pikler Buch

Czimmek, Anna
Emmi Pikler - Mehr als eine Kinderärztin
28,00 €
P. Zeitler Verlag
ISBN 978-3-931428-20-4

"Emmi Pikler (1902-1984) war eine ungewöhnliche, ungarische Kinderärztin. Sie beschäftigte sich intensiv mit den Bedingungen für eine gesunde und freie Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern. Dies war untypisch für Kinderärzte. Ihre Fähigkeit zur genauen Beobachtung führte zu neuen Erkenntnissen über die Kompetenz und Bedürfnisse des Kindes - Grundlage für eine bis heute aktuelle Pädagogik.

Mit inhaltlichen Beiträgen von Mária Vincze, Anna Tardos und Myriam David sowie Éva Kálló.

Weitere Informationen zum Emmi Pikler Buch ...